Im Oktober stellte ich im Rahmen von gypsy goes jazz eher selten gehörte Aufnahmen von Charlie Haden vor, die bei seiner Laufbahn als Jazzbassist zustande kamen. Im zweiten Teil gibt es kaum Jazz, dafür Blues, Country & Western und sogar neue Musik, fast immer mit Haden am Kontrabass. 1937 in Shenandoah geboren, trat er schon als Kleinkind in der Haden Family Show im lokalen Radio auf, musste aber nach einer Polioerkrankung, die seine Stimmbänder angriff, das Singen aufgeben. Nachdem er unterschiedliche Instrumente ausprobierte, legte Haden sich mit 19 auf den Kontrabass fest und zog 1957 nach Los Angeles. Was da passierte, ist bekannt: bald stiess er zum Quartett das Avantgarde-Saxophonisten Ornette Coleman und war auf Platten zu hören, die Titel wie "The Shape of Jazz to Come", "Change of the Century" oder "Free Jazz" hiessen. Doch wann immer Haden zu seinem Kontrabass griff, waren seine Wurzeln im Country & Western spürbar. Er liess sein Instrument vornehmlich in der tiefen und mittleren Lage mit einem wunderbar runden Ton singen und verfügte über ein grosses Talent für Melodien. Haden war offen für Begegnungen mit anderen Musiker*innen mit unterschiedlichen Hintergründen. So traf er auf den portugiesischen Gitarristen Carlos Paredes, den Bluesharp-Spieler und Sänger James Cotton, oder auf den englischen Komponisten (und ebenfalls Kontrabassisten) Gavin Bryars, der ihm ein Werk widmete. Eins von Hadens letzten Alben, "Rambling Boy", war dann ganz der Musik seiner Kindheit gewidmet. Er lud dazu nicht nur seine ganze Familie ein, darunter seine Drillingstöchter Tanya, Rachel und Petra Haden, sondern auch zahlreiche Freunde und Gäste wie Pat Metheny oder Ricky Skaggs.